Tafelbild · leinwandgemälde

Erzengel Michael auf besonderen Formaten

Es gibt wohl kein architektonisches Gestaltungselement von Gebäudefassaden, das nicht auch für die Rahmenform von Gemälden benutzt worden wäre. Insofern verwundert es nicht, dass man durch Bildträger und Rahmen, die von dem weithin üblichen Rechteck abweichen, weitere Hinweise auf die Entstehungszeit des Bildes gewinnen kann.


Der Wimperg – Der gotische Dreiecksgiebel als oberer Abschluss der Bildfläche

Im Gegensatz zu dem breitlagernden flachen Dreiecksgiebel der Antike nutzen gotische Baumeister den steilen Dreiecksgiebel, um zwischen den zahlreichen Vertikalen von Strebepfeilern und Fialen das Streben in die Höhe zu einer Spitze zu verdeutlichen. Die Bildtafeln mit dreieckigem Abschluss nach oben bilden in der Silhouette die archaische Form eines schmalen Hauses mit Satteldach.

 

Als gestalterische Inspirationsquelle wird die Giebelfläche bei unseren Beispielen hier nicht auffällig genutzt. Aber dennoch lassen sich einzelne kompositorische Abhängigkeiten zwischen Rahmen und Bild finden.


 

 

 

 

 

1

 

Bei UGOLINO bilden der breitbeinig postierte Engel mit schräg ausgebreiteten Flügeln und der am Boden liegende Drache eine deutlich geschlossene, sphärisch gerundete Dreiecksform, die sich in die kompakte Hauskontur einschmiegt, wobei die Lanze des Michael beinahe parallel zur Giebelschräge verläuft.

 

 

 

2

BUFFALMACCO reagiert auf das dominierende schmale Rechteck der Tafel und ihren beinahe rechtwinkligen Dreiecksschluss mit einer deutlich statuarischen Michael-Figur. Aber der schräge Mantelsaum rechts oben und die  Flügelkante des Drachen, die unten links aus der Bildecke aufsteigt, antworten auf die beiden oberen Giebelschrägen. Michaels rechter Ellenbogen stößt in die linke Giebelecke, sein rechter Unterarm verläuft parallel zur Giebelschräge.

 

 

 

3

Die schlecht erhaltene schiefwinklige Tafel in Crespina, die Bernardo DADDI zugeschrieben wird, enthält kompositorische Motive, die schon in den ersten beiden Beispielen beobachtet werden konnten: Die breitbeinige Dynamik des Michael bei UGOLINO und der rechte Ellenbogen in der linken Giebelecke wie bei BUFFALMACCO.

DADDIs Michael allerdings steckt sein Schwert noch nicht in die Scheide wie der des BUFFALMACCO, DADDIs Michael holt noch aus: die Klinge verläuft hinter Nimbus und linkem Flügel etwa parallel zur rechten Giebelschräge.

 

 

 

4

Auf MATTEO DI PACINOs Tafel stößt die Silhouette des hinten stehende Erzengels in die Giebelzone vor, während die Heiligen Bartholomäus und Julianus vorn im Quadratfeld bleiben. Die Standorte der Figuren auf der Bildbühne bilden ein Dreieck, das auf den Dreiecksgiebel oben antwortet.



Der gotische Spitzbogen


Der Wimperg-Giebel über  Spitzbogen


Der Eselsrücken


Der Rundbogen

Der Segmentbogen


Medaillon oder Tondo – Rundbilder

Unbekannter italienischer ? Maler des 18. Jahrhunderts

Arcangelo Michele.

Öl auf Leinwand, Durchmesser 172 cm

Kunsthandel Mailand (Cambi Casa d’Aste)

Auktion 125 Februar/März 2012  Lot 747 (Zugriff 3. 12. 2019)


Das Oval in Renaissance und Barock



QUIS UT DEUS  – DER ERZENGEL MICHAEL IN DER BILDENDEN KUNST – VIRTUELLE AUSSTELLUNG UND MATERIALSAMMLUNG